Kirche unter freiem Himmel

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Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause findet die „Kirche am Deich“ in diesem Jahr wieder statt. Insgesamt achtmal treffen sich Touristen und Einheimische in Dangast zur gemeinsamen Andacht unter freiem Himmel.  

Kirche am Deich 2025

3.7.2025

Meditation: Heide Grünefeld | Musik: Phillip Theesfeld / Matthias Grafe |

Kirchweg hinter dem Kurhaus

Varel: Dangaster Kurhaus-Strand Karin Wilksen-Pribbenow

10.7.2025

Meditation: Ludger Becker | Musik: Phillip Theesfeld / Matthias Grafe |

Kirchweg hinter dem Kurhaus

Varel: Dangaster Kurhaus-Strand Karin Wilksen-Pribbenow

17.7.2025

Meditation: Jann-Hendrik Weber | Musik: Gaby Menzel und Chöre | Kurhaus

Varel: Dangaster Kurhaus-Strand Karin Wilksen-Pribbenow

24.7.2025

Meditation: NAK Wolfgang Adomeit | Musik: NAK-Chor | Schnupperstrand vor Friesendom

Varel: Dangaster Kurhaus-Strand Karin Wilksen-Pribbenow

31.7.2025

Meditation: Dr. Maike Mittelsteiner | Musik: Moorland Pipes & Drums | städtischer Strand vor Campingplatz

Varel: Dangaster Kurhaus-Strand Karin Wilksen-Pribbenow

7.8.2025

Meditation: Lars Dede, Oberkirchenrat | Musik: OMS Brassband Rastede | Friesendom

Varel: Dangaster Kurhaus-Strand Karin Wilksen-Pribbenow

Dort, wo sich 2019 alles bei der letzten „Kirche am Deich“ um „Schafe“ drehte, startet in diesem Jahr die neue Veranstaltungsreihe. „Pandemiebedingt mussten wir zwei Jahre pausieren“, berichtet Wolfgang Müller, Organisator der „Kirche am Deich“ und Kirchenältester der Evangelischen Kirchengemeinde Varel. „Ganz bewusst haben wir diesen Ort für die erste Andacht nach zwei Jahren gewählt, um da wieder anzuknüpfen, wo wir aufgehört haben“, erklärt er weiter. Nur das Motto ist natürlich ein anderes. Nicht „Schafe“ sondern „Zahlen“ standen dann an der Sonnenuhr am Dangaster Siel am 7. Juli 2022 von 19 Uhr bis 19.45 Uhr im Mittelpunkt des Geschehens.  

Rund 80 Menschen haben sich an diesem ersten Abend dort zur gemeinsamen Andacht bei trockenem, aber typisch norddeutschem Wetter eingefunden. Die Atmosphäre sprach für sich: ruhig, gelassen und positiv aufgeladen. Als die ersten Klänge der Moorland-Pipes and Drums ertönten, war es fast ein wenig, als würden die Kirchenglocken läuten. Zum achten Mal sind die Dudelsackspieler und Trommler mit von der Partie und immer wieder gerne dabei. „Es ist uns eine Freude, die Kirche am Deich unterstützen zu dürfen“, so Gründerin und Pipe Major Heike Büsing.  

Moorland Pipes & Drums

Wer die Klänge der Dudelsäcke und Trommeln hört, fühlt sich nach Schottland versetzt. Die Band wurde 2008 von Heike Büsing gegründet. Der Name hat Bezug zur Küste, denn die Musiker kommen alle von dem Küstenstreifen, wo früher Moorlandschaft war. Das Dangaster Gemeindehaus ist ihre Location für die wöchentlichen Proben. So kam der Kontakt und die Mitwirkung bei der Kirche am Deich zustande.

An diesem Abend hielt Schulpastor Fritz Pinne die Andacht. Auch er hält schon seit Jahren Andachten bei der „Kirche am Deich“ und ist mit Begeisterung dabei. „Der Charme der Veranstaltung spricht für sich“, lacht er. Er würde auch als Dangast-Liebhaber stets noch neue Ecken oder Dinge wie die Sonnenuhr entdecken, die ihm vorher noch nicht aufgefallen waren. Er sprach am Fuße der Sonnenuhr stehend über Zeit und die Sonne, die für ihn ein Orientierungspunkt auch in schwierigen Phasen sei – wie ein Fels in der Brandung. Er beschrieb nicht nur den Sonnenverlauf in seinem Arbeitszimmer, dem seiner Frau und in seiner Schule, sondern auch dass die Sonne ihm so immer zeige, welche Stunde gerade „geschienen“ hat.  

Ortsexperte Dirk Janßen setzte sich näher mit den Zahlen dieses besonderen Platzes auseinander. Der Qualitätsmanager, der in seiner Freizeit engagiert zu den Themen und Orten recherchiert, erzählte, wie die römischen Ziffern entstanden sind und warum sie als Buchstaben geschrieben werden.  

„Zahlen begleiten uns überall in unserem Leben – angefangen bei Hausnummnern über Kontonummern bis hin zu den täglichen Inzidenzen momentan“
Karl-Heinz Martinß

Zwischen Predigt, Erklärung und Lesung gab es Musik. Organistin Christl Spitzer begleitet die Gemeinde beim Singen dreier Kirchenlieder, die speziell für die Veranstaltungsreihe in diesem Jahr ausgewählt wurden, am Keyboard. „Der Vorteil liegt bei den ‚Wiederholungstätern‘. Beim achten Mal können alle die Lieder laut mitschmettern“, lacht Spitzer, die von Anfang an als Organistin mit im Boot ist.  

Von „Zahlen“ und me(e)hr 

„Zahlen begleiten uns überall in unserem Leben – angefangen bei Hausnummnern über Kontonummern bis hin zu den täglichen Inzidenzen momentan“, erklärt Karl-Heinz Martinß, der gemeinsam mit Wolfgang Müller die „Kirche am Deich“ seit sechs Jahren organisiert. Deshalb wollen die beiden Herren das Thema „Zahlen“ in diesem Jahr aus Dangaster Sicht beleuchten. So wird es neben der Sonnenuhr am Dangaster Siel beispielweise eine Andacht am Haus Nr.1 in der Edo-Wiemken-Straße oder am Vermessungspavillon und dem Wegweiser am Weltkulturerbeportal geben. Denn typisch für die „Kirche am Deich“ ist, dass es zusätzlich zur Andacht immer einen „Ortsexperten“ gibt, der etwas über diesen besonderen Ort themenbezogen berichtet. 

Wie alles begann 

Die Vareler Pastorin Elke Andrae brach den starren Gedanken, Gottesdienst müsse in einer Kirche stattfinden, auf. Sie wollte vor knapp 20 Jahren die Kirche zu den Menschen bringen, sie anregen, innezuhalten und kurz über Gott und allgemeine Lebensfragen nachzudenken. Urlaubern und Einheimischen wollte Andrae eine Begegnung mit der Kirche im Trubel ermöglichen. So wurde 2004 die Idee zur „Kirche am Deich“ geboren. 

Jeden Sommer finden seitdem acht Veranstaltungen an verschiedenen Orten in Dangast unter freiem Himmel statt – immer unter einem anderen Motto, aber immer mit Gedanken zu Gott und dem Leben sowie mit Musik und immer im Juli und August donnerstags abends um 19 Uhr.  

Ökumene in Dangast  

Was Andrae damals auf den Weg gebracht hat, ist heute ökumenisch und fest etabliert. Zwar ist der Träger der Veranstaltungsreihe weiterhin die Evangelische Kirchengemeinde Varel, aber die katholische und die neuapostolische Gemeinde sind genauso wie die evangelische Freikirche mit im Boot. Nicht nur Pastoren aus diesen Gemeinden halten Andachten, sondern auch Gastpastoren aus den umliegenden Gemeinden. „2018 war Thomas Andomeit, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche Oldenburg mit von der Partie sowie der Weihbischof der katholischen Kirche“, erinnert sich Müller.   

Immer an der frischen Luft 

„Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung“, lacht Martinß. „Kirche am Deich“ findet draußen statt und das Wetter nehmen die Norddeutschen, wie es kommt. „Ich erinnere mich an einen heftigen Wolkenbruch vor einigen Jahren“, erzählt Müller. „Es flohen alle, um sich unterzustellen. Wir dachten, dass bestimmt niemand mehr zurückkommen würde. Aber das Gegenteil war der Fall. Die Menschen warteten den Schauer ab und fanden sich dann wieder für den Rest der Andacht bei uns ein“, erinnert sich Müller erfreut zurück. „Das Wetter können wir nicht beeinflussen, aber unser Programm wird wieder bunt“, so der Gästeführer Martinß.  

Musik liegt in der Luft 

Kurzweilig sind die Andachten immer. „Auch Menschen, die keiner Kirche angehören, fühlen sich bei uns wohl“, weiß Müller. Durch die Themenwahl lockt die „Kirche am Deich“ Jung und Alt, Einheimische wie Touristen an. Besonderes Highlight ist immer wieder die Musik. Fester Bestandteil sind dabei der Gospelchor Amatöne sowie der Posaunenchor Varel. Seit rund vier Jahren sind auch stets der Chor sowie das Jugendorchester der neuapostolischen Kirche mit dabei.  

Positiv in die Zukunft  

„Nach der ‚Kirche am Deich‘ ist vor der ‚Kirche am Deich‘“, lacht Müller. Er und Martinß sind bereits in die groben Planungen für die nächsten Jahre eingestiegen. Ab September beginnen die Beiden bereits mit der Organisation der Veranstaltungen für 2023. Das Thema steht schon fest:  die vier Elemente – Feuer, Wasser, Erde und Luft. 2024 wird die „Kirche am Deich“ dann unter dem Motto „Künstlerort Dangast“ stehen und 2025 das große 20jährige Jubiläum feiern. „Wir freuen uns auf die Planungen, die Begegnungen mit vielen Menschen und immer einzigartige, kurzweilige Abende“, so Müller und Martinß. Und nicht nur die Organisatoren freuen sich auf die nächsten Jahre, auch für die Dangaster ist die „Kirche am Deich“ inzwischen ein fester Bestandteil des Sommers geworden, wie sich in Pandemiezeiten zeigte. „Wir haben gehört, dass sich Leute alleine zur gewohnten Zeit zu einer kleinen privaten Andacht getroffen haben“, berichtet Martinß bewegt aus den vergangenen zwei Jahren. „Innehalten ist hier im touristischen Trubel oft nicht oder nur schwer möglich. Man muss sich bewusst dafür entscheiden und die ‚Kirche am Deich‘ schafft dafür einen Raum“, so Martinß abschließend.  

Dangast

Dangast liegt am südwestlichen Jadebusen und gehört mit seinen 545 Einwohnern zur Stadt Varel. Nach der Marcellusflut 1362 wurde Dangast an flutgeschützter Stelle neu gegründet. Aus diesem Grund gehört das Nordseebad zu einem der wenigen Plätze an der deutschen Nordseeküste, an dem man einen „deichlosen“ Blick auf das Meer genießen kann.

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